Hintergrund und Bedeutung der Ausbildung
Bereits seit der Antike werden Holzschindeln als Baumaterial eingesetzt. Auch in der modernen Architektur spielt die Verarbeitung von Holzschindeln eine wichtige Rolle. Der Trend nach regionalen, nachhaltigen Baustoffen hat zu einem Boom im Holzbau und zu einer Renaissance der Holzschindeln geführt. Holzschindeln sind somit zu einer modernen und nachhaltigen Alternative zu anderen Dachdeckungen geworden. Als natürlicher Baustoff verbinden sie Funktion und Ästhetik gleichermaßen und wurden somit von Architekten wiederentdeckt. Holzschindeln werden in der Dacheindeckung, Fassadenverkleidung und im Innenausbau eingesetzt. Als natürliche Ressource sind sie baubiologisch einwandfrei und vereinen Tradition und Qualität. Die biologische Dacheindeckung ist wärmedämmend, atmungsaktiv, witterungsbeständig. Sowohl bei der manuellen Herstellung von Schindeln aus regionalen Hölzern, als auch in deren Deckung können wir noch sehr viel von älteren Generationen lernen.
Gesellschaft und Kultur
Holzschindeldächer und Holzschindelfassaden sind als Kultur- und Naturerbe anzusehen. Die Weitergabe des traditionellen Handwerkswissens ist für die Erhaltung von kultureller Infrastruktur essentiell. Auch für Sicherung und Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit von Kulturlandschaften ist der Einsatz von Holzschindeln hoch relevant.
Bis ins 19. Jahrhundert deckten die Menschen ihre Dächer fast ausschließlich mit Holzschindeln und prägten damit lange Zeit das Landschaftsbild. Heute findet man Holzschindeln vorwiegend auf den Dächern historischer Gebäude wie zum Beispiel Kapellen, Kirchen, Klöstern, Schlössern und Burgen. Auch bei traditionellen Objekten der freien Kulturlandschaft wie zum Beispiel Bauernhäusern, Almgebäuden und Ställen, Scheunen und anderen landschaftsprägenden Gebäuden sind Holzschindel ein ästhetischer Baustoff.
Für die Erhaltung und Erneuerung von traditionellen Gebäuden hat das Handwerk des Schindelmachens einen hohen Stellenwert. Durch den Wissenstransfer des alten Handwerks können traditionelle Landschaftsbilder und Kulturgüter erhalten werden.
Geschichte
Das Dach eines Hauses erfüllt eine wesentliche Schutzfunktion und war seit jeher in hohem Maße von den klimatischen Gegebenheiten und dem vorhandenen Baumaterial abhängig. So wurde in Getreideanbaugebieten zunächst mit Stroh gedeckt. Mit der Entwicklung von maschinellen Dreschmöglichkeiten, bei denen das Stroh gequetscht und beschädigt wird, war es zur Dachdeckung nicht mehr geeignet und das Holz wurde Nachfolger . „Geklobenes Holz in Form von Schindeln oder geklobenen Brettern ist die ältere und dauerhaftere Form des Holzdaches.“ (Pöttler 1985 S. 232.) In waldreichen Gegenden war Holz seit jeher der Baustoff, der durch leichte Bearbeitbarkeit auch mit einfachen Geräten verwendet werden konnte. Mit der kontinuierlichen Verbesserung der Konstruktionsteile hat auch die Holzbedachung immer weitere Ausbreitung und Qualität entwickelt. Bereits in der Antike wurden Holzschindeln verwendet. In den Hafenstädten Konrinth und Athen wurde außer mit fertigen Konstruktionsteilen wie Balken, Dielen und Dachhölzern auch mit Schindeln gehandelt (vgl. Carstensen 1992, S. 12). Plinius erwähnt die Schindel bei der Beschreibung einer Dachdeckung und auch in der Bibelübersetzung des Wulfila findet sich ein Beleg eines Schindeldaches (vgl. Phleps 1942, S. 95). Am Limes erlernten die Germanen die römische Bauweise, man fand Schindeln aus Eichenholz und auch römische Werkzeuge. Das Schindelmesser zum Spalten des Holzes sieht beispielsweise heute noch sehr ähnlich aus (vgl. Carstensen 1992, S. 14f).
Ausbildungsinhalte
Der Beruf des Holzschindelmachers und Holzschindeldeckers umfasst sowohl die manuelle Herstellung von Holzschindeln als auch das richtige Verlegen der Schindeln. Die Dacheindeckung mit Holzschindeln ist sehr komplex. Verschiedene Deckungsarten werden in dieser Ausbildung behandelt. Die Holzschindeln als Ausgangsmaterial werden dabei aus regionalen Hölzern von Hand gefertigt. Die Wahl der Materialien und der richtige Umgang mit dem Handwerkzeug sind dabei essentiell. Holzschindelmacher und Dachdecker sind sowohl bei der Deckung von Neubauten als auch bei der Restauration historischer Gebäude tätig. Das wertvolle Wissen unserer Vorfahren zu erhalten und weiterzugeben, steht dabei im Zentrum der Ausbildung. Es wird ausschließlich auf regionale Rohstoffe aus der Natur zurückgegriffen.
Folgende Inhalte werden behandelt:
- Vorteile und Verwendung von Holzschindeln
- Rohstoffkunde
- Umgang mit Arbeitsmitteln und Handwerkzeug
- Spalttechnik und Verarbeitung von Holzschindeln
- Decktechniken und Dachkonstruktionen
- Rechtliche Grundlagen und Gewerbeordnung
- Marketing und Vertrieb